Ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit in Bad Essen bündeln
Bad Essen . „OK! Bad Essen“, so heißt ein neuer Verein. Mehr als 170 Menschen haben sich im Saal von Högers Hotel eingefunden. Im ersten Teil des Abends, wie Moderator Jens Strebe ausführt, um sich informieren zu lassen, Fragen zu stellen und Antworten zu erhalten, im zweiten Teil, um einen Verein zur Koordination der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit in Bad Essen zu gründen.
Als Peter Knoedgen aus Linne zum Ende seines Erfahrungsberichtes über die Arbeit mit den Flüchtlingen in der Unterkunft in Rabber angekommen ist – „ es macht richtig Spaß und wenn man mit der Sprache nicht weiterkommt, kommuniziert man durchs Tun, beispielsweise beim Kochen von Kürbissuppe oder beim Reparieren dringend benötigter Fahrräder“ –, wird er darauf aufmerksam gemacht, dass vier Syrer aus Rabber an diesem Abend dabei sind. Er begrüßt sie lachend und erfreut und spontan brandet im Auditorium Beifall auf. Die Bad Essener heißen die vier jungen Männer, die freundlich zurücklächeln, auf diese Art spontan willkommen.
Von der Notwendigkeit, Wohnungen für Flüchtlinge aufzutun und in der Burg Wittlage zum Beginn kommenden Jahres eine „Zwischenunterkunft“ mit etwa 70 Plätzen anzubieten, berichtet Bad Essens Bürgermeister Timo Natemeyer.
Es kommen auch Einzelpersonen
Es sei zu verstehen, dass Vermieter ihre Wohnungen „lieber an Familien“ vergeben würden und ungern an die allein kommenden, oft jüngeren Männer, doch so sei es eben: „Anders als die Fernsehbilder zeigen, kommen überwiegend keine Familien mit Kindern in Deutschland an, sondern männliche Einzelpersonen.“ Aus Niedersachsen kenne er die Zahl von nicht mehr als sieben Prozent der Ankommenden, Tendenz sogar noch sinkend. Die unbegleiteten Minderjährigen sind zunächst in einer „Clearingstelle“ im Haus Sonnenwinkel untergebracht, so Natemeyer. Die drei Gemeinden Bohmte, Ostercappeln und Bad Essen hätten sich überdies, mit Standort in Bohmte und notwendigem Personal, zur Zusammenarbeit entschlossen. „Wenn wir, wie es sich an anderen Stellen bereits bewährt hat, Zusammenhalt üben und uns gegenseitig unterhaken, werden wir diese Herausforderung meistern“, zeigt sich der Bürgermeister überzeugt.
Neben Peter Knoedgen berichtet Friso Reinecke, Katastrophenschutzbeauftragter, von den vielfältigen Aktivitäten des Deutschen Roten Kreuzes in der aktuellen Zuwanderungssituation – von Unterkünften, die hergerichtet werden, von Begegnungen mit Menschen, „die sehr gern Hilfe angenommen haben und teilweise völlig erschöpft waren“ und davon, dass auch die Kleiderkammer des DRK in Rabber Kleiderspenden für Flüchtlinge entgegennimmt. Seine Erfahrung: Es entstehe „ein Miteinander“ wie bei Nachbarn, mal sehr gut und freundschaftlich, mal etwas holperiger.
Miteinander sprechen
„OK! Bad Essen“ möchte die ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit in Bad Essen bündeln und dazu beitragen, dass Integration gelingt, dass man miteinander spricht, Flüchtlinge nicht nur Gesprächsstoff sind, sondern zu Gesprächspartnern werden“, das betont Viktoria Freifrau von dem Bussche, eine der Initiatorinnen der Gründungsversammlung. Und sie spricht das „O“ und das „K“, das für ‚offene Kommune‘ stehe, bewusst Englisch aus, denn OK! Bad Essen höre sich gut an für das, was zu tun sei. In Bad Essen wolle der Verein dafür sorgen, „dass die Menschen die zu uns kommen, hier glücklich sind!“ Noch seien es nur wenige Flüchtlinge, die Unterstützung benötigten, doch es sei damit zu rechnen, dass sich die Zuweisungen schon bald auch für das Wittlager Land erhöhen würden, was Timo Natemeyer bestätigte.
107 Unterzeichner
Nach einer Pause blieb mehr als die Hälfte der Anwesenden im Saal, letztlich fanden sich stolze 107 Unterzeichner des Gründungsprotokolls von OK! Bad Essen zusammen. Diese Mitgliederversammlung, der ebenfalls Jens Strebe, der Bad Essener Ortsbürgermeister, als Versammlungsleiter vorstand, wählte dann auch in jeweils offener Abstimmung den Vorstand des neuen Vereins. Zum ersten Vorsitzenden wurde der gebürtige Hunteburger Norbert Wessel gewählt. Der Kaufmann lebt mit seiner Familie in Harpenfeld. „Das alles passiert vor unserer Haustür – man kann nicht einfach zuschauen“, sagt der 55-Jährige. Seine Stellvertreterin ist Viktoria Freifrau von dem Bussche, Peter Knoedgen wird zum Kassenwart bestimmt und Klaus Haasis zum Schriftführer. Zu Beisitzern wählt die Versammlung, Andrea Wirsching-Schulz, die derzeit als Stütze der Bad Essener Flüchtlingsarbeit vor Ort gilt, Andreas Rohdenburg, Diakon der evangelischen Kirchengemeinde in Lintorf und Susanna Stockmeyer. „Gebt uns 14 Tage, dann sind wir arbeitsfähig“, kündigt von dem Bussche an.
Und wer beispielsweise für deutsche Konversation in Rabber zur Vertiefung des im Deutschunterricht Gelernten zur Verfügung stünde, solle sich direkt per Mail bei ihr melden. (Email: v.bussche@ippenburg.de )
Text und Foto: Imma Schmidt
veröffentlicht am 06.11.2015, mit freundlicher Genehmigung des Wittlager Kreisblattes